Jeder betet zu der Hüterin und den Andasch auf seine Weise. Tho'Freynur Aedukhan sammelte in seinen Jahren Gebete, die er in den vier Winkeln Dros Rocks auf Bauernhöfen oder in Herrenhäusern, aber auch an den heiligen Orten hörte und schrieb sie in sein Vademecum. Seine Idee war mitnichten ein dogmatisches Gebetsbuch zu schaffen, sondern dem Gläubigen Anregungen und Gedanken an die Hand zu geben - einen Wegweiser auf dem Weg zur religiösen Erleuchtung.
Eines der häufigsten Gebete überhaupt ist die Bitte um eine reiche Ernte. So gibt es unzählige Varianten die sich teilweise von Dorf zu Dorf unterscheiden. Als Anregung habe ich hier ein Beispiel für einen einfachen Segen notiert, wie ich ihn einst in einem kleinen Dorf am Rande des Elbenwaldes hörte.
Herrin des Waldes, ich rufe Dich an.
Die Saat ist ausgebracht.
Die frohe Arbeit ward getan.
Schütze sie mit deiner Macht.
in der lebendigen Erde.
Gehörnte Träumerin, ich bitte Dich!
Der grüne Keim will uns einst nähren.
Noch klein muss erst entfalten sich.
verletzlich und kann sich nicht wehren.
Wache über ihn.
Yddrasaye, schenke deinen Segen!
Lass die Saat gedeihen.
Spende ihr genügend Regen.
Dir wollen wir die Ernte weihen.
Wir dienen dir.
Dieses Gebet habe ich schon in unzähligen Varianten gehört. Auch das Landvolk verwendet eine veränderte Version dieses Gebetes, um beispielsweise für starke Wände und ein dichtes Dach zu bitten.
O mächt'ge Hüterin des Waldes, Gehörnte!
Du weißt, wie es um mich steht.
Jeglich' Prüfung nehm' ich gerne an,
doch gewähre mir Deinen Schutz,
Deine Bewahrung, deine Hut und deine Wacht.
O Träumende! O meine Herrin!
Mache dein Wort zu meiner Rüstung,
Dein Wissen zu meinem Schild,
Demut am Tore deiner Weisheit zu meiner Hut
und deine Erkenntnis zu meiner festen Wohnstatt.
Bewahre mich vor den Einflüsterungen der Widersacher,
der Selbstsucht und der Ignoranz.
Wahrlich Du bist die Hüterin,
die Erhaltende,
die Genügende,
und wahrlich:
Du bist der Urgrund der Weisheit.
Herrin!
Göttin!
Yddrassaye!
In einem Lazarett sah ich einst eine Freyna, die bei einem Siechenden kniete und ihm eine Tuch über die Stirne legte. Dabei sprach sie mit sanfter Stimme die Worte, die ich hier niederlegte. Als sie den letzten Vers gesprochen hatte, forderte sie den Siechenden auf, ihr nachzusprechen und er tat es. Zuerst mit brüchiger Stimme kaum wahrnehmbar, doch als die Freyna und der Kranke den Vers noch ein drittes Mal sprachen, war seine Stimme fest und voller Zuversicht.
Yddrasaye, ruhende Wächterin,
deren Träume Fleisch geworden
und unter uns wandeln.
Dein(e) Diener(in) bin ich.
Dein Werk will ich vollbringen.
Mächtiger Rashon möge dein Wissen mich erleuchten
Verschleierte Tyrael möge deine Kunst mich befähigen
Gebende Yerany lenke mich und führe meine Hände
Gib mir Einsicht und Weisheit und lass mich erkennen,
um zu fügen wie es sein soll.
Gereinigt von den Schmerzen
Geheilt die alten Wunden
Vergeben begangene Sünden
Gelobe ich der Herrin des Waldes
mein neues Leben
Möge sie meine Schritte lenken
Es sei!
Wenn die Dunkelheit ihre Kreaturen ausspeit, und die Kinder Yddrasayes in Gefahr sind, mögen Worte des Glaubens die letzte Bastion sein. Wer nicht wankt im Angesicht der Finsternis, dessen Stimme wird nicht zittern. Die Macht der Herrin des Waldes wirkt durch uns und diese Worte.
Ungeheuer, Scheusal, dunkle Kreatur,
Wisse, dass der Hüterin träumend' Auge auf dir liegt!
Spüre ihren zorn'gen Blick und weiche,
der du fehl bist in dieser Welt.
Die Säulen ihres Tempels umgeben uns hundertfach,
Ihr Land, ihr Wald, ihre Domäne!
Mein Fingerzeig in ihrem Namen,
sei dir ein Bann! Du hast hier keine Macht.
Hinfort, in Yeranys Namen! Kein Leben hast du hier!
Hinfort, im Namen Rannessars! Dein Spiel ist aus!
Hinfort, in Rashons Namen und bei seiner Macht!
Hinfort, im Namen Tyraels! Magie sei dir verwehrt!
Verbannt seist du im Namen Yddrasayes,
der Herrin des Waldes, träumend Hüterin.
Verbannt!
Diese Verse haben ihren Ursprung in Bittsprüchen, die wohl einst ein Schüler äußerte im Angesicht eines schweren Lernabschnittes. Ein Tho'Freynur hatte den Vers aufgeschnappt und verband ihn mit Versen, denen man eine Ähnlichkeit zum Ritterschwur ansehen kann. So formte sich über Jahre und verschiedene Münder schließlich dieses Gebet, welches ich das Glück hatte, hören und niederschreiben zu dürfen.
Gnädige Göttin, durch Sygildin gehörnte schlafende Wächterin, Hüterin des Waldes!
Lass mich gnädig die Klarheit des Waldbaches empfangen
und nimm von mir die Finsternis der Unwissenheit,
ordne mich durch Deine Weisheit,
webe mich in Deinen Plan, denn ich bin ganz Dein.
Schenke mir Scharfsinn zum Begreifen und Gedächtnis zum Erinnern.
Schenke mir Feinheit und Genauigkeit im Erklären,
Fülle und Anmut im Ausdruck.
Lehre mich den Anfang,
lenke meinen Fortgang
hilf mir zur Vollendung.
Gib, das meine Zunge nur der Wahrheit dient
und bewahre mich vor Torheit.
Erhalte mir Augenlich, Verstandesklarheit,
vor allem aber deine göttliche Gnade.
Fasse uns in deinen träumenden Blick und segne dieses Gespräch in deinem Namen.
O Yddrasaye, Herrin und Hüterin des Waldes,
träumende Wächterin, die du durch Sygildin gehörnt wurdest,
ich lobe und preise Dich.
Jenes Gebet ward mir zugetragen vom Morgen der Schlacht um Hohnstein. Ein Krieger soll dieseWorte für sich gesprochen haben, in Rüstung knieend vor
einem Baume, das Schwert vor sich auf die Spitze gestellt, das Haupt geneigt. Selbst war ich nicht vor Ort und so kann ich nur Zeugnis ablegen von der Erzählung, die mir zu Ohren kam. Die Hüterin
des Waldes hat ein offenes Ohr für all IHRE Kinder und die Worte des betenden Streiters mögen damals wie in Zukunft sicherlich IHREN Gefallen finden.
Heute, Herrin des Waldes, gibt es kein Zurück, kein Schonen der Kräfte.
Heute wird das Blut auf Unseren Schwertern nicht trocknen.
Yerany verzeih' Uns jedes Leben, das wir in diesem Kampf beenden.
Wir respektieren das Leben, und wollen auch Unseren Gegner respektieren.
So werden wir ihn auch in Deinem Namen überwinden.
Krieg ist ein Würfelspiel. Darum erhöre Unsere Bitte Ranessar,
segne Uns aus deinem Füllhorn des Glücks.
Lasse die Würfel in Unserem Sinne fallen und Uns dieses Spiel gewinnen.
Tyrael, Wächterin über den Tod, Dich bitten wir,
Wenn es dein Wille ist, so gehen wir in diesem Kampf hinüber.
Doch behüte Uns vor einem unrühmlichen Tod.
Rashon, stähle unseren Geist und Unseren Leib
lass' deine Wildheit durch Unsere Adern strömen,
so dass Uns die Kräfte nicht versagen, bis der Sieg der Unsere ist!
Aus den ermutigenden Worten, die Tjalf immer wieder fand, um die Menschen in Waldwacht wieder aufzurichten, formte sich irgendwann ein
Gebet.
Es gibt immer eine Klippe, die noch niemand erstiegen,
es gibt immer einen Strom, den noch niemand durchschwommen,
es gibt immer einen Feind, den noch niemand bezwungen.
Doch ob Klippe, ob Strom, ob machtvoller Feind,
Wir sind die reißenden Fänge des Wolfes Rashon.
Wir sind der todbringende Hauch der Andash Tyrael
Wir sind die starken Wurzeln, die Yerany sprießen lässt
Wir sind das güldene Glück der Panin Ranessar.
Wenn Euer Herz bebt im Angesicht des Feindes, lasst es beben,
wenn die Furcht euch wie Fieber befällt, lasst sie brennen,
heißt das Beben willkommen, entfacht die Fieberhitze zur Glut,
denn es sind dieselben Kräfte, mit denen wir einst geformt wurden!
Mein Lehrer und Mentor brachte mir dieses Gebet bei, dass er wiederum in Anlehnung einer Huldigung eines fremden Gottes in einem fernen Land
verfasst hatte.
Herrin des Waldes, Yddrassaye,
Der Schwerter Klang ist verstummt,
und gleich einem silbrigen Schatten
erahn' ich Tyrael hier auf dem Felde.
Noch tobt dein heil'ger Zorn wie Feuer in meinen Adern,
noch brennt mein Atem bei jedem Zug,
nie fühlt' ich mich dir näher, als in diesem Augenblick.
Drum lass mich dir danken für diese Schlacht,
danken für mein Leben in deinen Diensten,
und dafür, dass der Sieg der Unsere ist!
Dir gebührt die Ehre, dieser Tag ist dein!
Glücklicherweise kommt es wieder häufiger vor, nachdem der Jarl Laertes einen großen Teil des alten Landes befreit hat, dass es auch wieder zu Eheschließungen kommt. Ich lernte diese Worte daher erst unlängst von einer Tho'Freyna, als ich einem solch glücklichen Ereignis beiwohnen durfte.
Herrin des Waldes, vereine mit deinem Segen diese Beiden im Bund der Ehe.
Auf dass ihre Treue und Liebe ewig wäre, wie deine Wacht.
Lass ihren heiligen Bund Wurzeln schlagen und sprießen,
auf dass er ein starker Baum mit vielen Ästen werde.
Gib, dass er allen Stürmen trotze und halte Schaden von ihm fort.
So leite und behüte uns, in Licht und Dunkelheit.